5.410

Nach der dritten Überarbeitung meines aktuellen Buchprojekts „Meddi Gordon“ war mir klar, dass der nächste Schritt ein Lektorat sein würde. Ich habe lange gesucht und es immer wieder aufgeschoben, eine Lektorin anzufragen.

Irgendetwas in mir hat sich dagegen gestäubt, „Meddi“ aus der Hand zu geben. Zum einen war da die Angst vor der Kritik an meinem Text. Zum anderen war es aber auch die Angst davor, was das für den weiteren Weg bedeuten würde. Denn „Meddi“ ist nicht mein erster Roman. Aber der erste, der nicht auf meiner Festplatte vergammeln soll. Das Lektorat zu beauftragen, fühlte sich wie eine Schwelle an, die ich übertreten mußte, auf dem Weg zur Veröffentlichung. Und auch ein Punkt, von dem aus es kein Zurück mehr gibt.

Als ich mich dann endlich überwinden konnte, „Meddi“ an die Lektorin zu schicken, dachte ich, das wäre es jetzt erst einmal. Ich war sicher, dass ich nun sechs bis acht Wochen Zeit hätte, mich gedanklich auf das Lektorat vorzubereiten. Doch schon drei Wochen später hatte ich ein viereinhalbseitiges Feedback und den lektorierten Text wieder im Postfach. Den lektorierten Text mit 5.410 Anmerkungen und Korrekturen!
Die Zahl hat mich umgehauen. Die erste Seite war von roten Markierungen übersät. Ich saß da und dachte, vielleicht lasse ich es lieber. Fange nochmal neu an. Mit einer anderen Idee. Ein gutes Buch kann doch unmöglich so viele Korrekturen benötigen. Also kann „Meddi“ doch nur Schrott sein.
Als ich dann das Feedback las, wurde mir allerdings ganz anders. Lisa Bogen, meine Lektorin, hatte hier allgemeine Anmerkungen zusammengetragen: Zur Entwicklung einiger Figuren, zu strukturellen Schwächen. Das las sich alles sehr konstruktiv. Nicht wie: „Lass mal lieber.“ Sondern mehr wie: „Das kannst du noch besser.“

Ich beschloss also, „Meddi“ nicht in die Tonne zu treten, und sitze nun seit ein paar Tagen an der nächsten Überarbeitung. Jede der 5.410 Kommentare und Änderungen schaue ich mir genau an. Die meisten davon übernehme ich ganz oder teilweise. Einige verwerfe ich. Zu manchen mache ich mir eine Notiz, um noch einmal darüber nachzudenken. Es macht Spaß, den Text anhand von Lisas Anmerkungen zu überarbeiten. Beinahe ist es wie ein Gespräch zwischen ihr und mir. „Diesen Satz braucht man für das Verständnis nicht“, sagt sie mir. „Aber hier würde ich gerne mehr erfahren.“
Ich weiß, dass meine Texte durch Input von außen (von den richtigen Personen), immer gewinnen. Deswegen bin ich auch so eine große Freundin von Autoren-Kreisen. Das Lektorat hat mir jedoch gezeigt, wie bereichernd es ist, wenn jemand den Text durcharbeitet, der mit ganz frischen Augen und frischem Geist in die Geschichte einsteigt.